Fachbeitrag: Wieder­in­be­trieb­nahme von Berliner Wasserwerk: Molchen im Olympi­schen Dorf von 1936

Die Molch­schleuse Quick-Pig benötigt deutlich weniger Abstim­mungs­bedarf und weniger Gewerke gegenüber einer Schacht­lösung. Dies ermög­licht eine minimal­in­vasive Integration in Rohrlei­tungs­systeme, auch nachträglich. Und beim Betreiber punktet die Quick-Pig durch sehr sicheres Arbeiten von der Gelän­de­ober­kante aus.
Lesen Sie in diesem Beitrag: Warum die Quick-Pig Station jetzt olympisch wird.

Michael Stichternath
Leitung Produktmanagement
11.11.2022  | 4 Minuten
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Molch­station Quick-Pig: SCHACHTLOS GLÜCKLICH!

Baupro­jekte rund um Kultur­denk­mäler haben ihren ganz eigenen Charme, ist man doch beteiligt an einem Bauvor­haben mit oftmals höherem Beach­tungswert und mit eigener Vergan­genheit, die gewahrt werden muss. Das Olympische Dorf von 1936 in Berlin ist genauso ein Bauvor­haben. Dieses Immobi­li­en­projekt steht auf einem geschichts­träch­tigen Areal im branden­bur­gi­schen Elstal, kaum mehr als 10 km westlich von Berlin gelegen. Es darf durchaus als eines der Premi­um­pro­jekte des Natio­nalen Städtebaus Deutsch­lands gesehen werden.

Gefördert vom Bundes­mi­nis­terium für Umwelt­schutz, Natur­schutz, Bau und Reaktor­si­cherheit entstehen hier auf dem Gelände des ehema­ligen Olympi­schen Dorfes der XI. Olympiade neue komfor­table und moderne Wohnungen in einer parkähn­lichen Landschaft vor den Toren der Haupt­stadt. Neben neuen Gebäuden liegt das Augenmerk auch auf der Erhaltung und der Sanierung denkmal­ge­schützter Objekte. Bei diesen – durch die Zeit und Nutzung durch russische Streit­kräfte während der annähernd 50jährigen Teilung Deutsch­lands – stark in Mitlei­den­schaft gezogenen Gebäuden soll der geschichts­trächtige Charakter erhalten bleiben. Besonders hohen Wieder­erken­nungswert hat dabei das damals zentral angelegte „Speisehaus der Nationen“ mit seinem optisch anspre­chenden, bogen­förmig angelegten Grundriss.

Zur erneuten Nutzbar­ma­chung des Geländes gehört auch die Wieder­in­be­trieb­nahme des histo­ri­schen Wasser­werks Radelandberg, das 1935 errichtet worden ist und nach Abzug der sowje­ti­schen Truppen Anfang der 1990er Jahre still­gelegt wurde. Bis 2020, so der Plan, soll das unter Denkmal­schutz stehende und entspre­chend unter hohen Auflagen sanierte Wasserwerk wieder voll betriebs­fähig sein – genau dann, wenn die ersten Mieter auf dem histo­ri­schen Gelände einziehen. Dazu nötig ist die Bohrung von neuen Brunnen, da die vorhan­denen still­gelegt wurden.
Das Grund­wasser wird in Zukunft aus einer Tiefe von 80 bis 90 m geholt und als Rohwasser zur Aufbe­reitung ins Werk geleitet.

In einem ersten Bauab­schnitt des Projekts Olympi­sches Dorf galt es u. a., die Rohwas­ser­lei­tungen von den Brunnen zum Wasserwerk zu planen. Um sicher­zu­stellen, dass diese Druck­lei­tungen gereinigt werden können, wurden Molch­zu­gänge einge­plant. Das für das Projekt Olympi­sches Dorf mit der Planung beauf­tragte Ingenieurbüro PST GmbH aus Werder (Havel) ist auf dem Gebiet der Projekt­ent­wicklung, Bauplanung und Baube­treuung spezia­li­siert. Der verant­wort­liche Planungs­in­ge­nieur, Herr Fiedler, ist bereits früh auf die Vorteile und Möglich­keiten einer Reinert-Ritz-Lösung zur Reinigung von Rohrlei­tungen aufmerksam geworden und konnte den zustän­digen Wasser- und Abwas­ser­verband Havelland aus Nauen überzeugen, das wegwei­sende Produkt für das Projekt einzu­planen. So hat man sich, statt auf kostspielige und teure Schacht­bau­werke zurück­zu­greifen, für die derzeit modernste und wirtschaft­lichste Lösung entschieden: die Molch­station Quick-Pig aus dem Hause Reinert-Ritz.

Gemolcht wird in Zukunft direkt von der Geländeoberfläche

Die Molch­station Quick-Pig macht alles anders. Kein Schacht ist nötig, kein unfall­träch­tiges Hinun­ter­steigen auf rutschigen Tritten, keine Probleme mit etwaigen Faulgasen oder Wasser im Schacht. All das ist mit dieser innova­tiven Lösung Vergan­genheit. Gemolcht wird in Zukunft direkt von der Gelän­de­ober­kante aus – und das geht jetzt in Windeseile.

Quick-Pig ist eine komplette Einheit aus PE 100 und V4A-Edelstahl, die in die Rohrleitung eingebaut wird. Basis ist ein Abschnitt eines homogen extru­dierten Vollstabes aus PE 100. In den für dieses Projekt vorge­se­henen Abmes­sungen der Molch­station kommt ein Stab mit d 1000 mm zum Einsatz. Dieser wird aufwändig gefräst, um die erfor­der­liche Form zu erhalten. In dem so gefer­tigten Grund­körper findet der druck­dichte Bajonett­ver­schluss sein Gegen­stück. Dom mit Domdeckel und Rohrlei­tungs­an­schlüsse werden hier angeschweißt.

Da neben PE 100 nur V4A-Edelstahl zum Einsatz kommt, ist die Molch­station besonders korro­si­ons­re­sistent und langlebig. Der Dom verlängert die Station von der Leitung direkt bis unter die Straßen­ober­kante. Dort genügt es, den zum Schutz der Einheit unter einer Schacht­ab­de­ckung liegenden Domdeckel zu entfernen, um den Zugang zu einem mittels Bajonett­ver­schluss im Rohrlei­tungs­system veran­kerten Einsatz zu erlangen. Über diesen kann man nicht nur direkt den Leitungs­zu­stand in Augen­schein nehmen, sondern auch einen Molch einsetzen.

Dieser Vorgang ist in Minuten erledigt und neben den resul­tie­renden Sicher­heits­aspekten der voll druck­klas­sen­ge­rechten Molch­station Quick-Pig auch ein starkes wirtschaft­liches Argument für den Betrieb. Der Molch kann an einer weiteren Quick-Pig-Station mithilfe eines spezi­ellen „Korbes“, der für das Molchen einge­setzt wird, wieder entnommen werden. Auch das ist eine Sache von Minuten.

Für den ersten Bauab­schnitt im Olympi­schen Dorf wurden insgesamt drei Quick-Pig-Stationen einge­plant und eingebaut. Die Stationen sind für den Leitungs­durch­messer von DN/OD 280 und SDR17 ausge­führt. Mit ihren indivi­du­ellen Domhöhen von jeweils 1300 mm, 1400 mm und 1700 mm sind die Quick-Pig-Molch­sta­tionen statt­liche Erscheinungen.
Alle druck­dichten Bajonett­ver­schlüsse wurden zudem mit einer Schnell­kupplung ausge­stattet, um beim Spülen der Leitung auch mit Fremd­wasser arbeiten zu können. Insgesamt ist die Rohwas­ser­leitung im ersten Bauab­schnitt zwischen dem Wasserwerk und der Molch­station III ganze 582 m lang. Dazwi­schen liegen die Station I mit 118 m Abstand zum Wasserwerk, respektive Station II mit einer Entfernung von 99 m zu Station I. Die größte Entfernung, die in einem Stück gemolcht wird, ist die Strecke zwischen Station II und III mit 365 m.

Damit ist die Rohwas­ser­leitung aber noch nicht komplett. In Bauab­schnitt 1 kommen zwei weitere Quick-Pig- Stationen hinzu, die die Leitung komple­men­tieren. Eine gute Entscheidung, die denje­nigen, die die Leitung in Zukunft molchen müssen, die Arbeit deutlich verein­fachen wird und ein hohes Maß an Sicherheit bietet. Die Stationen konnten an einem Tag vollständig eingebaut werden. Das ist an Effizienz kaum zu überbieten und birgt in sich schon einen großen wirtschaft­lichen Vorteil. Hinzu kommt der zukünftig deutlich reduzierte Zeitaufwand für das Molchen, der die gesamten Life Cycle Cost des Systems nachhaltig minimiert.

Die Quick-Station von Reinert-Ritz ist eine Lösung, die zeigt, dass etwas Kompli­ziertes auch einfach gestaltet werden kann, damit es einem die Arbeit erleichtert. Nicht zuletzt die für die Reinigung der Leitung zuständige Fachkraft für Abwas­ser­technik wird sich darüber freuen. Denn wer will schon in einen dunklen, engen und dreckigen Schacht hinab­steigen, wenn es auch komfor­tabler, sicherer und sehr viel schneller gehen kann?