Flansche im (Kunst­stoff-) Rohrlei­tungsbau: von der Holz- zur High-Performance-Lösung

In den 1930ern kamen neue künstlich erzeugte Rohrma­te­rialien, die Kunst­stoffe Hart-PVC und PE-HD und PE-LD, auf den Markt, und in den 1970ern wurde deutlich, dass die Orien­tierung für Kunst­stoff­rohr­lei­tungen an Stahl-/Guss­flan­schen keine kunst­stoff­ge­rechte Lösung sein kann. Erfahren Sie in diesem Fachbeitrag wie daraufhin kunst­stoff­ge­rechte Problem­lö­sungen entwi­ckelt wurden und sich im Markt etablierten.

Michael Stichternath
Leitung Produktmanagement
13.09.2022  | 9 Minuten
Historie des Trinkwassertransports

Flansche im (Kunst­stoff-) Rohrlei­tungsbau: von der Holz- zur High-Performance-Lösung

Der histo­rische Weg der Flansche geht weit zurück. Seit Jahrtau­senden werden Rohrlei­tungen für die definierte Zu- bzw. Ableitung von Fluiden einge­setzt. Entspre­chend der jewei­ligen Epoche wurde die Materi­alwahl bestimmt von der Verfüg­barkeit und dem jewei­ligen Stand der Technik. Beispiele gibt es genügend: Funde einiger unter­ir­di­scher gemau­erter Kanali­sa­ti­ons­an­lagen reichen sogar zurück bis 3800 v. Chr., in die Zeit des Altertums. Zeugnisse für die Wasser­ver­sorgung der Städte des Römischen Reiches stammen aus der Zeit bis 500 v. Chr. Diese können als gemauerte Aquädukte auch heute noch besichtigt werden. Eine Weiter­ent­wicklung der Rohrlei­tungs­technik für die Wasser­ver­sorgung war dann im Mittel­alter gekenn­zeichnet durch den Einsatz von ausge­bohrten Holzstämmen. Immer wieder werden bis zum heutigen Tage bei Tiefbau­ar­beiten hölzerne Wasser­rohre oder Fragmente davon gefunden, deren Alter bis ins 17. Jahrhundert datiert werden kann.

Dieser Bericht wurde ursprünglich als Fachar­tikel in der Fachzeit­schrift 3R veröffentlicht.

Historie der Flansche und ihre Verbindungen

Aufgrund der kurzen Lebens­dauer des Materials mussten diese Rohre ständig repariert und ausge­tauscht werden. Hierzu wurden auch früher schon geflanschte Rohrstücke einge­setzt, wie u.a. ein Fund im thürin­gi­schen Ronneburg, Landkreis Greiz, belegt. [1]

Neben diesen Versor­gungs­lei­tungen aus Holz gab es jedoch auch schon einzelne Gusslei­tungen, die für die Speisung diverser Brunnen sowie die Wasser­ver­sorgung herrschaft­licher Güter verlegt worden waren. Beispiele hierfür sind die aus dem Jahr 1455 stammende Versorgung des Schlosses Dillenburg sowie die aus dem Jahr 1668 stammende Versorgung der Wasser­spiele im Park des Schlosses von Versailles – letztere sogar als Gussrohr­leitung mit Flansch­ver­bin­dungen in den Nennweiten DN 350 bis DN 500, mit einer Gesamt­länge von etwa 24 km. [2]

Im Zuge der indus­tri­ellen Revolution breitete sich die Verwendung des Gussrohrs dann immer weiter aus; bereits ab 1885 wurde es indus­triell gefertigt. Zur Sicher­stellung der Kompa­ti­bi­lität erfor­derte dies eine Standar­di­sierung der Produkte der unter­schied­lichen Hersteller. Die Normung der gussei­sernen Rohre erfolgte bereits im Jahre 1873 und die Festlegung auf einheit­liche Flanschmaße folgte dann schon bald als „Normalien vom Jahre 1882“ durch den Verein deutscher Gas- und Wasser­fach­männer, in Zusam­men­arbeit mit dem Verein Deutscher Ingenieure. Im Jahre 1926 wurde festgelegt, dass die Anordnung der Schrau­ben­löcher an Flanschen unabhängig vom Werkstoff symme­trisch zu beiden Haupt­achsen liegen und ihre Anzahl stets durch vier teilbar sein muss. [3] Dies hat auch heute noch Bestand und wird in Europa aktuell durch die EN 1092 [4] bestimmt.

In den 30er Jahren des 20. Jahrhun­derts kamen zusätzlich zu den bislang verwen­deten Rohrma­te­rialien Guss, Stahl, Steinzeug etc. erste, künstlich herge­stellte Materialien, nämlich das Hart-PVC (Polyvi­nyl­chlorid ohne Weich­macher) und das PE-HD bzw. PE-LD (Polyethylen hoher Dichte = high density bzw. niederer Dichte = low density) auf den Markt [5]. Analog zu den bekannten Rohren wurden die Dimen­sio­nierung und die Quali­täts­merkmale für diese innova­tiven Rohre dann auch nach und nach in Normen festge­schrieben, um die Bedeutung für den Rohrlei­tungsbau zu unter­streichen. Die erste Norm für Rohre aus Hart-PVC (heute PVC‑U) stammt beispiels­weise aus dem Jahr 1941. Das langsamer an Bedeutung gewin­nende Polyethylen wurde in den 1950er Jahren für die Rohrher­stellung inter­essant und dann erstmals im Jahre 1960 mit den Rohr-Normen DIN 8074/8075 [6] für PE-HD sowie DIN 8072/8073 [7] für PE-LD standardisiert.

Über die Jahre wurde der Werkstoff PE-HD ständig weiter­ent­wi­ckelt. Die Materi­al­ei­gen­schaften hinsichtlich der Zeitstand­fes­tigkeit wurden in mehreren Schritten deutlich verbessert, was zur Folge hatte, dass PE-HD heutzutage eines der Haupt­ma­te­rialien im kommu­nalen Ver- und Entsor­gungs­markt ist.

Den verwen­deten Polyethy­len­werk­stoff unter­scheidet man in PE 63 (erste Generation) mit einer MRS von 6,3 MPa (wobei MRS die Abkürzung der engli­schen Entspre­chung von Mindest-Zeitstand­fes­tigkeit – Minimum Required Strength – ist), PE 80 (zweite Generation) mit einer MRS von 8,0 MPa und dem heute am weitesten verbrei­teten PE 100 (dritte Generation) mit einer MRS von 10,0 MPa. Die Zahl hinter dem Kürzel PE ist eine dimen­si­onslose Zahl, die nach der Zeitstand-Innen­druck­fes­tigkeit bei 20°C nach 50 Jahren mit dem Prüfmedium Wasser festgelegt wird.

Für Übergänge auf andere Rohrma­te­rialien sowie auch für lösbare Verbin­dungen dieser Rohre unter­ein­ander stand damals nur die Flansch­ver­bindung zur Auswahl. Aus dem Stahl­rohr­be­reich bediente man sich genormter Losflansche, die eine Paarung mit den entspre­chenden Gegen­flan­schen gleicher Dimen­sio­nierung ermög­lichten. Der für den Einsatz mit Losflan­schen erfor­der­liche Vorschweißbund aus Polyethylen wurde beispiels­weise dann in Anlehnung auch an die Norm für Stahl­flansche entwi­ckelt (s. Bild 1 „V‑Bund in Anlehnung an Stahlflansch“)

V-Bund in Anlehnung an Stahlflansch - nicht-kunststoffgerechte-Konstruktion

Flansch- und Rohrdimensionierung

Flansch­ver­bin­dungen dienen dazu, Rohrab­schnitte dicht, aber dennoch lösbar mitein­ander zu verbinden. Der richtige Anpress­druck der kreis­ring­för­migen Dicht­flächen der Flansche auf die dazwi­schen liegende Dichtung gewähr­leistet die Dichtheit des Systems. Der Flansch wird meist durch Schrauben aufge­bracht, die durch Bohrungen in den Flansch­blättern gesteckt sind. Eine Flansch­ver­bindung ist als System zu betrachten, welches aus zwei Flanschen, einer der Dicht­fläche entspre­chenden Dichtung und einer bestimmten Anzahl an Schrauben mit Muttern und Unter­leg­scheiben besteht. Wir unter­scheiden zwischen den beiden Ausfüh­rungen Festflansch und Losflansch. Der Losflansch liegt, wie der Name bereits andeutet, lose auf dem Rohr und erfordert eine weitere Kompo­nente, den Bund oder Bördel, damit eine Flansch­ver­bindung herge­stellt werden kann. Er lässt sich im Gegensatz zum Festflansch für die Montage noch entspre­chend des Lochbildes des Gegen­flan­sches ausrichten. Festflansche werden entweder bei der Herstellung von Gussrohren gleich mitge­gossen (Flanschen­rohre: F‑Stücke oder FF-Stücke) oder können als separate Formteile stirn­seitig an das Rohr geschweißt werden.

Für die Auslegung eines Rohrsystems sind unter anderem Faktoren wie Druck, Tempe­ratur, Medium und Massen­durchsatz zu berück­sich­tigen, wobei der Massen­strom und der maximal annehmbare Druck­verlust im Wesent­lichen den erfor­der­lichen Rohrquer­schnitt bestimmen. Da damals wie heute nicht für jeden berech­neten Rohrin­nen­durch­messer ein Rohr herge­stellt werden konnte, legte man in den Normen sogenannte Nenndurch­messer für die Rohre fest. Basierend auf diesen Rohrnenn­weiten erfolgte dann auch die Auslegung sowohl der Rohre als auch der Flansche nach ebenso zuvor festge­legten Druck­stufen. So kann das Anschlussmaß eines Flansches nach Nennweite DN und Druck­stufe PN eindeutig bestimmt werden. In Deutschland legt die DIN EN 1092 Abmes­sungen und Ausfüh­rungen für Flansche der Nennweiten DN 25 bis DN 4000 und für die Druck­stufen PN 2,5 bis PN 400 hinsichtlich des größten Außen­durch­messers D, des Lochkreis­durch­messers K, der Anzahl an Schrau­ben­lö­chern und deren Durch­messern fest.

DN (engl.: Diameter Nominal) und PN (engl.: Pressure Nominal), gefolgt von einer dimen­si­ons­losen Zahl, sind dabei jeweils alpha­nu­me­rische Kenngrößen für Referenz­zwecke eines Bauteils in einem Rohrlei­tungs­system. Sie stehen indirekt mit der physi­ka­li­schen Größe der Bohrung oder dem Außen­durch­messer der Anschlüsse in Milli­metern bzw. dem maximal zuläs­sigen Druck in Bar, bezogen auf eine Kombi­nation von mecha­ni­schen und maßlichen Eigen­schaften eines Bauteils, in Beziehung.

Die Herstellung von PE-HD-Rohren nach der Norm DIN 8074/8075 erfolgt beispiels­weise in der Regel im Vakuum-Extru­si­ons­ver­fahren. Hierbei wird die plastische Masse des kreis­ring­förmig extru­dierten PE-HDs in einer Kalibrierung über ein Vakuum in Form gebracht, wodurch der Außen­durch­messer erhalten wird. Die gewünschte Wanddicke des Rohres erhält man über ein genau abgestimmtes Zusam­men­spiel von Materi­al­zugabe und Abzugs­ge­schwin­digkeit. Die in dieser Norm festge­legten Außen­durch­messer folgen bestimmten Normzahlen, der sogenannten Renard-Serie nach ISO 3 [8] bzw. ISO 4065 [9] bzw. DIN 323 [10]. Über die Festlegung von Rohrserien S, die jeweils für ein bestimmtes Verhältnis von Außen­durch­messer zu Wanddicke, SDR (Standard Dimension Ratio), stehen, lassen sich so die entspre­chenden Wanddicken der Rohre bestimmen. Unter Berück­sich­tigung der jewei­ligen Materi­al­ei­gen­schaften und eines Gesamtbetriebs(berechnungs)-koeffizienten (Sicher­heits­faktors) erfolgt dann die Zuordnung zu den Druck­klassen. Die Bezeichnung eines PE-HD-Rohres muss normge­recht mindestens Angaben zum verwen­deten Material (Festig­keitswert), der entspre­chenden Norm sowie zum Außen­durch­messer und der Rohrserie S bzw. dem Außen­durch­mes­ser/­Wand­dicken-Verhältnis SDR enthalten. Der Innen­durch­messer oder die tatsäch­liche Nennweite ist also nur indirekt gegeben. Dies ist bei der Berechnung von Rohrnetzen und besonders bei der Auswahl von Flanschen zu berücksichtigen.

Dass bei der Planung besonders auf die Bezeichnung der Rohre (und Formteile) geachtet werden muss, verdeut­licht die Benennung von PE-HD-Rohren beispiels­weise nach DIN EN 12201–2 [11] bzw. DIN EN 1555–2 [12]. Hierin werden die Nenn-Außen­durch­messer dn der Rohre einer Nennweite DN/OD zugewiesen. Die Nennweite DN/OD ist eine numerische Zahl für die Größe eines Rohrlei­tungs­teiles, ausge­nommen solcher, die durch ein Gewinde gekenn­zeichnet sind, die ungefähr dem Herstel­lungsmaß in Milli­meter entspricht und auf den Außen­durch­messer bezogen ist. Beispiel: der Nenn-Außen­durch­messer dn 250 mm entspricht der Nennweite DN/OD 250 mit einem rechne­ri­schen Innen­durch­messer bzw. der Nennweite 204,6 mm in der Ausführung nach SDR 11. Es ist also wichtig, zu wissen, von welcher „Nennweite“ man spricht.

Kunst­stoffrohr-Flansch-Verbin­dungen

Wie oben bereits erwähnt, bestanden die ersten Flansch­ver­bin­dungen für Kunst­stoff­rohre aus den Losflan­schen und entspre­chend ausge­legten Vorschweiß­bunden. Diese Kombi­nation kommt so auch heute noch flächen­de­ckend zum Einsatz. Die Ausfüh­rungen der Losflansche variieren dabei. So gibt es Losflansche aus Stahl in verzinkter Ausführung, solche aus Edelstahl und solche mit einer Kunst­stoff­um­man­telung (PP-St) und Kunst­stoff­be­schichtung oder solche, die komplett aus Kunst­stoff mit oder ohne Faser­ver­stärkung bestehen. Jede Rohr- bzw. Vorschweiß­bund­di­mension kann nur mit einem Losflansch bestimmter Abmessung (Nennweite DN) gepaart werden. Beispiel: Rohr DN/OD 250 bzw. dn 250 mm mit entspre­chendem Vorschweißbund für ein Rohr dn 250 mm erfordert einen Losflansch DN 250. Mit diesem Flansch könnte man beispiels­weise einen Flansch­übergang auf eine Armatur oder einen Flansch einer Stahl- oder Gussleitung der Nennweite DN 250 herstellen. Dass die Lochbilder entspre­chend der Druck­stufe beider Flansch­partner gleich sein müssen, ist selbst­er­klärend. Das Bild „Nennweiten Dilemma“ verdeut­licht, dass das Flanschmaß DN 250 überein­stimmt, die Innen­durch­messer der beiden System­kom­po­nenten sich jedoch stark unter­scheiden und es zu Sprüngen im Innen­durch­messer der Nennweite kommt. Zu dieser Beson­derheit kommt hinzu, dass der PE-Vorschweißbund in Anlehnung an die Stahl­flansche konstruiert wurde und aufgrund der mecha­ni­schen Eigen­schaften von PE-HD ein anderes Verhalten bei Belas­tungen im Grenz­be­reich besonders bei Dimen­sionen ab dn 200 mm bzw. DN/OD 200 (Flanschmaß DN 200) zeigt. Bei Rohrsys­temen unter Innen­druck im Bereich des zuläs­sigen Bauteil­be­triebs­druckes PFA (franz.: pression de fonction­nement admis­sible) kommt es daher bei den Vorschweißbund-Losflansch-Verbin­dungen häufig zum Versagen. Die wirkenden Kräfte des hohen Innen­drucks bewirken eine Verformung des Bundes (s. Bild 2 „Kippen des V‑Bundes unter Belastung“), welche ein Ausstellen des Bundes und zwangs­läufig eine Verklei­nerung der Dicht­fläche zur Folge hat. Die spezielle Anordnung von Losflansch und Vorschweißbund mit entspre­chend geringer Kontakt­fläche zur Kraft­über­tragung begünstigt diesen Effekt noch. Eine genaue Aussage, wann es zum Versagen der Losflansch-Vorschweiß­ver­bindung unter den genannten Bedin­gungen kommt, sucht man vergebens. Selbst in der DVS 2210–1 Beiblatt 3 [13] Teil 2.1 Vorschweiß­bunde findet man lediglich den Hinweis darauf, dass die Dimen­sio­nierung des Vorschweiß­bundes keinen Aufschluss über seine Belast­barkeit bzw. die der Flansch­ver­bindung gibt.

Dieses „Nennweiten-Dilemma“ wurde konstruktiv vor Jahren bereits durch Karl-Albert Reinert, dem Gründer der Reinert KG (später Reinert-Ritz GmbH), in Angriff genommen und kunst­stoff­ge­recht gelöst. Das Ergebnis war der sogenannte Sonder­flansch, ein durch­bohrter PE-Bund mit Stahl-Hinter­leg­flansch (s. Bild 3 „Sonder­flansch“). Die Firma Europlast aus Oberhausen, ein Kunst­stoffrohr-Hersteller und Pionier der damaligen Zeit, führte erstmals um 1980 einen solchen Sonder­flansch in ihrem techni­schen Katalog auf. Auch heute noch finden Sonder­flansche weite Verbreitung.

Kippen des PE 100 PP Vorschweißbundes unter Belastung - Versagensursache
Bild 3: Vorschweißbund unter Innen­druck Kippen des V‑Bundes unter Belastung – Ursache für Leckage
Produktbild Sonderflansche für sichere Flanschverbindungen. Sonderflansch als Lösung des Versatzproblems von PE HD bzw PP und Stahl oder Guss Flansch
Bild 4: Der Problem­löser: Sonder­flansch Sonder­flansch als Lösung für das Innenversatzproblem

Die Beson­derheit dabei ist, dass nicht das gleiche Flanschmaß wie das des entspre­chenden Losflan­sches für diese Rohrdi­mension heran­ge­zogen wird, was zur Folge hätte, dass nur ein Festflansch aus der Losflansch­ver­bindung würde, sondern die Nennweite eine Stufe kleiner ausfällt. Der Lochkreis K liegt damit näher am Rohrau­ßen­durch­messer. Zur Verteilung der Schrau­ben­kräfte auf die Hinter­seite des Bundes und ergo für die Festigkeit der Flansch­lösung wird ein spezi­eller Stahl­flansch mit gleichem Lochbild hinterlegt. Gleich­zeitig wird mit dieser Lösung das weitere Manko der Losflansch-Vorschweißbund-Verbindung, nämlich das Kippen des Bundes, verhindert. Hiermit ist nicht nur eine druck­klas­sen­ge­rechte Flansch­ver­bindung, sondern auch der nennwei­ten­gleiche (auf den Innen­durch­messer bezogene) Anschluss von PE-Rohr an Armaturen und Flanschen­rohre aus Guss bzw. Stahl möglich und es können dadurch kleinere Armaturen einge­setzt werden. Beispiel: an ein Rohr DN/OD 250 bzw. dn 250 mm SDR 11 mit Innen­durch­messer (Nennweite) 204,6 mm kann mit Verwendung eines Sonder­flan­sches DN 200/d 250 SDR 11 eine Armatur DN 200 angeschlossen werden. Die Wahl einer Losflansch-Vorschweiß­ver­bindung ließe da nur eine Armatur der Dimension DN 250 zu (s. Bild 4 „Nennweiten-Dilemma“ und Bild 5 „Kleinere Armatur durch Verwendung von Sonder­flansch bzw. VP-Flansch“).

Versatz von PE 100 PP Vorschweißbund an Stahl Guss Flansch
Versatz von PE 100 PP Vorschweißbund an Stahl Guss Flansch - Lösungsidee
Versatz von PE 100 PP Vorschweißbund an Stahl Guss Flansch - Lösung Sonderflansch

Bild 4: „Nennweiten-Dilemma“ Stahl/Guss: DN = Nennweite = Innen­durch­messer = Flanschmaß

PE-HD: d = DN/OD = Nennweite bezogen auf Außen­durch­messer; Innen­durch­messer rechne­risch; Flanschmaß = f(Flanschlösung)

Aber auch für den Fall, dass eine druck­klas­sen­ge­rechte, dauerhaft dichte Flansch­ver­bindung gefordert ist, bei der eine Sonder­flansch-Lösung maßlich nicht möglich oder der Freiheitsgrad einer Losflansch-Verbindung erfor­derlich ist, hat man bei Reinert-Ritz eine kunst­stoff­ge­rechte Lösung im Produkt-Portfolio. Seit Ende der 1990er Jahre gibt es mit dem HP-Flansch eine Variante, die sogar für bestimmte Anwen­dungen bis 25 bar und andere Anwen­dungen bis DN/OD 2000 ausgelegt werden kann.

Die Beson­derheit des kunst­stoff­ge­recht konstru­ierten HP-Flansches besteht darin, dass der PE-Bund und der Hinter­leg­flansch als eine Einheit geliefert werden und genau aufein­ander abgestimmt sind. Der speziell ausge­legte Hinter­leg­flansch greift formschlüssig über eine vergrö­ßerte Kontakt­fläche direkt am Rohrau­ßen­durch­messer auf den Bundrücken und stützt den Bund zudem noch am Außen­durch­messer ab (s. Bild 6 „Vergleich V‑Bund zu HP-Flansch-Fläche“). Dies wirkt einer Verformung des PE-Bundes durch allgemein hohe Belastung entgegen und sorgt mit der passenden Dichtung für eine sichere und dichte Flansch­ver­bindung. Einflüsse von Dicht­fläche, Dichtung, Schrauben und Flansch an sich gelten übrigens für alle Übergänge, die mit Flanschen herge­stellt werden. Sie sind wesent­liche Bestand­teile des Systems „Flansch­ver­bindung“ (s. Bild 7 „System Flansch­ver­bindung“). Die Druck­klas­sen­ge­rechtheit, sprich hohe Leistungs­fä­higkeit der HP-Flansch­lösung führte dann auch zur Namens­gebung: HP steht in diesem Zusam­menhang für High Performance.

Eine neue, zukunft­wei­sende Variante der Hinter­leg­flansche sowohl für Sonder­flansche als auch HP-Flansche aus dem Hause Reinert-Ritz setzt sich immer stärker durch: die äußerst leichte Version aus faser­ver­stärktem Kunst­stoff (s. Bild 8 „HP-Flansch“ und Bild 9 „VP-Flansch“). Aufgrund des geringen Gewichts wird, je nach Größe, die Handhabung und Weiter­ver­ar­beitung deutlich verein­facht. Ein weiterer großer Vorteil ist die völlige Korro­si­ons­freiheit des Flansches, die ihn auch in aggres­siver Umgebung problemlos einsetzbar macht.

mit angeschweißtem, kunststoffbeschichtetem HP-Flansch, druckklassengerecht
Produktbild Sonderflansch VP mit korrosionsfreiem, faserverstärktem Kunststoff-Hinterlegflansch für eine sichere Flanschverbindung

Die Kombi­nation aus Kunst­stoff­flansch mit weiteren konstruk­tiven Optimie­rungen bildet die Grundlage für den Valve Perfor­mance VP-Flansch, der im PE-Bund Langlöcher aufweist, die ein Ausrichten der Armatur bzw. des Bundes bei der fachge­rechten Montage wesentlich erleichtern. Nach der Instal­lation bietet der VP-Flansch dank der Konstruktion seines Hinter­leg­flan­sches mit Teller­feder-Effekt eine konti­nu­ier­liche Schrau­ben­vor­spannung (s. Bild 10 „Teller­feder-Effekt“), die auch nach der Dicht­heits­prüfung noch vorherrscht.

Dauerhaft dichte Flansch­über­gänge in Kunst­stoffrohr-Systemen sowohl auf Armaturen, als auch Flansche anderer Druck­rohr­systeme sind mit durch­dachten Lösungen aus dem Hause Reinert-Ritz sicher und verlässlich reali­sierbar. Hier finden Sie verläss­liche Kompo­nenten auch für Ihre Flansch-Herausforderung.

Tellerfeder-Effekt vom PE 100 Sonderflansch VP der die Schraubenanzugsdrehmomente stabilisiert
Bild 10: Erhöhte Sicherheit für stabile Schrau­ben­an­zugs­dreh­mo­mente Teller­feder-Effekt beim Sonder­flansch VP

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Quellen zum Fachar­tikel Flansche im (Kunststoff-)Rohrleitungsbau

[1] Quelle: Festschrift 700 Jahre Stadt Ronneburg/Thür.

[2] Quelle: Histo­rische Entwicklung der Rohrlei­tungs­technik, Harald Roscher und Ulf Herbig, Springer 2016

[3] Quelle: E‑Book Gussrohre 05.2014

[4] EN 1092 Flansche und ihre Verbindungen

[5] Quelle: W. Müller und E. Ant, Geschichte der Kunst­stoff­rohre, Kunst­stoffrohr Handbuch, KRV

[6] DIN 8074 und DIN 8075 Rohre aus Polyethylen (PE) – PE 80, PE 100

[7] DIN 8072 und DIN 8073 Rohre aus Polyethylen weich – Achtung: Dokument zurückgezogen

[8] ISO 3 Normzahlen; Normzahlreihen

[9] ISO 4065 Rohre aus Thermo­plasten – Univer­selle Wanddickentabelle

[10] DIN 323 Normzahlen und Normzahlreihen

[11] DIN EN 12201 Kunst­stoff-Rohrlei­tungs­systeme für die Wasser­ver­sorgung und für Entwäs­se­rungs- und Abwas­ser­druck­lei­tungen – Polyethylen (PE)

[12] DIN EN 1555 Kunst­stoff-Rohrlei­tungs­systeme für die Gasver­sorgung – Polyethylen (PE)

[13] DVS Richt­linie 2210–1 Beiblatt 3 Indus­trie­rohr­lei­tungen aus thermo­plas­ti­schen Kunst­stoffen . Projek­tierung und Ausführung – Oberir­dische Rohrsysteme – Flansch­ver­bin­dungen: Beschreibung, Anfor­de­rungen, Montage